Endometriose: Wenn die Periode zur Belastung wird

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Endometriose: Wenn die Periode zur Belastung wird

Was ist Endometriose?

Endometriose gibt es schon lange: Die ersten Aufzeichnungen gehen bis ins 17. Jahrhundert zurück. In den letzten Jahren hat die Erkrankung immer mehr Aufmerksamkeit bekommen, aber trotzdem dauert es laut der Techniker Krankenkasse im Schnitt immer noch ca. 7,5 Jahre bis zur Diagnosestellung. Was also ist Endometriose überhaupt?

Während die Entstehung und eine genaue Definition noch immer erforscht werden, können sich Expert*innen auf Folgendes einigen: Endometriose ist eine Erkrankung, bei der Gebärmutterschleimhaut-ähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst. Zum Beispiel im Bauchfell, am Darm, der Blase oder - in seltenen Fällen - bis zur Lunge zu finden ist.

Die häufigsten und bekanntesten Symptome sind starke Periodenschmerzen, Verdauungsprobleme, eine starke Blutung, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und/ oder Unfruchtbarkeit. Endometriose kann auch außerhalb der Periode starke Symptome verursachen und Betroffene im Alltag einschränken. Schmerzen müssen aber nicht zwangsläufig auftreten: manche Betroffene werden z.B. erst durch einen unerfüllten Kinderwunsch diagnostiziert.

Viele Betroffene berichten, dass sie sich mit ihren Beschwerden lange nicht ernst genommen fühlten oder mehrere Jahre bis zur Diagnose vergingen. Die Symptome können die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. In den letzten Jahren hat die mediale Aufmerksamkeit für Endometriose zugenommen – auch Forschung und Aufklärung entwickeln sich weiter.Durch die mediale Aufmerksamkeit tut sich glücklicherweise langsam etwas, auch in der Forschung - aber das Endometriose noch so wenig erforscht ist, ist eine von vielen Ergebnissen einer Gesellschaft und eines Gesundheitssystems, das auf dem Mann als Standard beruht.

Symptome: mehr als „nur Regelschmerzen“

Nicht jede Menstruation mit Schmerzen weist auf Endometriose hin – aber besonders starke und regelmäßige Beschwerden sollten abgeklärt werden. Endometriose-Beschwerden oft bzw. vermehrt während der Periode auf, können sich aber auch im restlichen Zyklus bemerkbar machen.

Typische Beschwerden können sein:

  • Starke Regelschmerzen, die oft in Rücken oder Beine ausstrahlen
  • Schmerzen beim oder nach dem Sex
  • Müdigkeit & Erschöpfung
  • Verdauungsprobleme (Blähbauch bzw. Endobelly, Bähungen, Durchfall, Verstopfung - auch außerhalb der Periode möglich)
  • Schmerzen beim Wasserlassen oder Stuhlgang

Studien zeigen außerdem einen Zusammenhang zwischen Endometriose und verschiedenen Autoimmunerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Multiple Sklerose und Zöliakie) auf. Endometriose Patient*innen sind außerdem deutlich häufiger von Schilddrüsenunterfunktionen betroffen. Diese Zusammenhänge werden derzeit wissenschaftlich weiter untersucht.

Viele der Endometriose-Symptome können auch bei anderen Erkrankungen (z. B. Reizdarm, Blasenentzündungen) auftreten, deshalb kann es zu Fehldiagnosen kommen.

Diagnose: individuell und komplex

Die Diagnose einer Endometriose kann aufwendig sein. Sie ist meist nicht durch eine einzelne Untersuchung sicher zu stellen, sondern besteht neben einer Anamnese aus weiteren Methoden. Oft werden im weiteren Verlauf Endometriosezentren und -Spezialist*innn aufgesucht, für die du meistens eine Überweisung durch eine*n Gynäkolog*in brauchst.

Mögliche diagnostische Verfahren:

  • Ultraschall (bei größeren Endometrioseherden)
  • MRT (zur genaueren Darstellung bei Verdacht auf Beteiligung von Organen)
  • Laparoskopie (Bauchspiegelung) - die OP ist derzeit Goldstandard für die Diagnose.

Es gibt neue Forschungsansätze, die auf eine schnellere Diagnostik und damit auch schnellere und bessere Versorgung von Endometriose-Patient*innen hoffen lassen:

  • Endotest® Diagnostic (Ziwig): ein Speicheltest testet das Vorkommen und das Verhältnis von MicroRNA-Molekülen, die bei Endo-Betroffenen verändert auftreten. Der Test kostet aktuell ca. 990 Euro und wird Stand heute nicht von den Krankenkassen übernommen. In einer Studie mit 200 Teilnehmenden hat der Test sehr gute Ergebnisse erzielt, es fehlen bisher aber weitere Studien und größer angelegte Validierungen.
  • Mikrobiom-Forschung: Forscher:innen entdecken zunehmend Zusammenhänge zwischen einem gestörten vaginalen und Darmmikrobiom und dem Auftreten von Endometriose. Es wird derzeit daran gearbeitet, spezifische Mikrobiommarker zu identifizieren, die eine frühere Diagnose ermöglichen könnten.

Hinweis: Erste Studien zeigen vielversprechende Ansätze, allerdings sind die beiden genannten Verfahren derzeit noch nicht allgemein anerkannt und werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Psychische Belastungen ernst nehmen

Chronische Schmerzen und wiederkehrende Beschwerden können die psychische Gesundheit belasten. Viele Betroffene berichten von Erschöpfung, dem Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, oder von einem Rückzug aus dem sozialen Leben. Deshalb kann eine ganzheitliche Herangehensweise sinnvoll sein.

Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit. Gönn dir Pausen, finde eine Community (z. B. Selbsthilfegruppen), und denk dran: Es ist nicht deine Schuld! Darüber reden kann helfen, sich weniger alleine zu fühlen. Anlaufstellen findest du zum Beispiel hier:

https://endo-shg-berlin.de

https://www.endometriose-vereinigung.de/selbsthilfegruppen/

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung der Endometriose erfolgt meist interdisziplinär. Es gibt bislang keine allgemein gültige „Heilung“ – die Therapie zielt darauf ab, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

Medizinische Verfahren umfassen:

  • Hormontherapie
  • Schmerzmanagement: das ist wichtig, um chronische Schmerzen in den Griff zu bekommen und die Entwicklung des Schmerzgedächtnisses zu verhindern, das unseren Körper langfristig sensibler für Schmerzen machen kann.
  • Operation (Laparoskopie)

Komplementäre Ansätze:

Folgende Ansätze sind nicht unbedingt als Ersatz, sondern als ganzheitliche Herangehensweise zum Umgang mit Endometriose zu betrachten. Viele dieser Methoden stammen aus der Erfahrungsheilkunde und werden in der Naturheilkunde begleitend eingesetzt. Ihre Wirksamkeit ist nicht in allen Fällen wissenschaftlich belegt und ersetzt keine ärztliche Behandlung.

  • Eine entzündungsarme, individuell verträgliche Ernährung kann sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden auswirken.
  • Pflanzliche Präparate (Phytotherapie) werden in der Erfahrungsheilkunde unterstützend eingesetzt, z.B. bei zyklusbedingten Beschwerden.
  • Sanfte Bewegung wie Yoga oder Pilates kann helfen, Spannungen zu lösen und das Körpergefühl zu stärken.
  • Entspannungsverfahren und Stressreduktion können unterstützend wirken, insbesondere im Umgang mit chronischem Schmerz.
  • Aus naturheilkundlicher Sicht wird auch die Darmgesundheit als wichtig für das Immunsystem und das hormonelle Gleichgewicht betrachtet. Fachliche Beratung hierzu ist sinnvoll.
  • Es gibt digitale Angebote wie die „Endo-App“, die Informationen und Übungen bereitstellen. Bei Interesse kann eine ärztliche Rücksprache sinnvoll sein.

Ernährung bei Endometriose

Eine entzündungshemmende, nährstoffreiche Ernährung kann unterstützend wirken. Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Ernährungsmuster das Wohlbefinden verbessern können. Wichtig ist vor allem, dass du eine Ernährung findest, die zu dir, deinen Bedürfnissen und deinem Alltag passt.

Mögliche Schwerpunkte:

  • ballaststoffreiche, pflanzenbetonte Ernährung
  • Omega-3-Fettsäuren (z. B. Leinsamen, Walnüsse, Fisch)
  • entzündungshemmende Gewürze (z. B. Kurkuma, Ingwer)
  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr
  • achtsames Essen (z.B. ohne Ablenkung, gründliches Kauen)

Mögliche Trigger können sein:

  • Zucker
  • Gluten
  • Alkohol und Koffein
  • stark verarbeitete Lebensmittel
  • histaminreiche Speisen (z. B. Tomaten, Käse: individuell unterschiedlich)

Endometriose & Feminismus – Warum wir lauter werden müssen

Warum dauert die Diagnose so lange? Warum gibt es so wenig Forschung? Weil Frauengesundheit systematisch vernachlässigt wurde. Die meisten Medikamente und Behandlungsmethoden wurden für Männerkörper entwickelt – Frauen wurden läge einfach „mitgedacht“. Das ändert sich langsam und es fließen mehr Gelder in Forschung und Entwicklung von Diagnosemöglichkeiten und Medikamenten. Trotzdem ist die Versorgung und Diagnostik von Endometriose-Patientinnen oft nicht ausreichend und Termine bei Spezialist*innen mit langen Wartezeiten verbunden.

Was wir tun können? Laut sein!

  • Mehr Aufklärung – teile dein Wissen und sensibilisere dein Umfeld, wenn es dir möglich ist.
  • Ärzt:innen wechseln, wenn du nicht ernst genommen wirst.
  • Sich mit anderen Betroffenen vernetzen.
  • Institutionen unterstützen, die sich für Endometriose-Forschung einsetzen: zum Beispiel die https://www.endometriose-vereinigung.de oder die Stiftung Endometriose Forschung. https://endometriose-sef.de
  • Petitionen unterzeichnen, die für schnellere Diagnostik und bessere Versorgung kämpfen.

Quellen